PNP 04.07.2015

"Mich zieht hier nichts weg" 

Martin Prellinger ist seit zehn Jahren Stadtpfarrer in Zwiesel – Morgen feiert er Priesterjubiläum

Seit zehn Jahren ist Martin Prellinger als Zwieseler Stadtpfarrer zuständig für den "Dom des Bayerwaldes". Am Sonntag um 10 Uhr feiert er hier auch sein 25. Priesterjubiläum. 

Er ist kein Mann der lauten Töne; Harmonie ist ihm wichtig, das Miteinander, das Arbeiten im Team. Ganz besonders würdigt Stadtpfarrer Martin Prellinger das Engagement der Laien in der Kirche. All das wissen die Gläubigen in den Pfarreien Zwiesel und Ludwigsthal zu schätzen – und einfach auch, dass der Dekan des Dekanats Regen "a sympathischer Mo is", wie man regelmäßig hört. Zehn Jahre sind inzwischen vergangen, seit Prellinger den Pfarrverband übernommen hat. Am Sonntag feiert er das 25. Jubiläum seiner Priesterweihe. Anlass zu einem längeren Gespräch mit dem Bayerwald-Boten – über die Herausforderungen des Glaubens, das Besondere dieses Pfarrverbandes und die Momente der Einsamkeit in diesem Beruf.

Herr Stadtpfarrer, im Mai haben Sie Ihren 50. Geburtstag gefeiert, vor 25 Jahren wurden Sie zum Priester geweiht und seit zehn Jahren sind Sie nun schon in Zwiesel – welcher dieser Jahrestage ist für Sie am wichtigsten?

Prellinger: Das ist ganz schwer zu sagen, weil Persönliches und Berufliches ineinander übergehen. Auf alle Fälle sind das alles bedeutende Daten für mich und alle haben eins gemeinsam: Sie zeigen, wie schnell die Zeit vergeht. Wenn ich mir nur vor Augen führe, wie sich Kirche und Welt seit meiner Priesterweihe 1990 entwickelt haben... Und dass ich schon zehn Jahre im Pfarrverband Zwiesel-Ludwigsthal bin, das kann ich gar nicht glauben. Ich verstehe nicht, wo die Jahre hingegangen sind.

Wann haben sie eigentlich gewusst, dass Sie Priester werden möchten?

Prellinger: Das hat sich schon in den letzten ein, zwei Schuljahren am Comenius-Gymnasium in Deggendorf abgezeichnet. Da habe ich begonnen, mich mit meiner beruflichen Zukunft zu beschäftigen und mir wurde bald klar, dass dies mein Weg sein könnte.

Das ist nicht durch ein spezielles Ereignis oder eine besondere Erfahrung ausgelöst worden, es ist eher gewachsen. Und dabei haben viele Menschen und Gegebenheiten eine Rolle gespielt. In meiner Familie waren Glaube und Kirche selbstverständlich, als Ministrant und in der Jugendarbeit habe ich Kirche als echte Gemeinschaft erlebt – und außerdem bin ich direkt neben der Kirche in Iggensbach aufgewachsen (lacht).

Priester zu werden, das ist nicht eine Entscheidung für irgendeinen Beruf, das ist ja auch die Entscheidung für einen ganz eigenen Lebensweg. Haben Sie nie eine Familie und Kinder vermisst?

Prellinger: Doch, das habe ich manchmal durchaus vermisst. Eine Familie, das hätte ich mir schon auch gut vorstellen können. Diese Sehnsucht war und ist zwischendurch immer wieder einmal da. Es gibt schon Phasen der Einsamkeit, aber die haben andere Menschen natürlich auch. Ich vermute, dass der Wunsch, eine Familie, Kinder zu haben, im Ruhestand noch einmal verstärkt wiederkommen wird. Aber es ist nicht so, dass ich unzufrieden wäre; ich fühle mich wohl.

Sie sind 2005 auf eigenen Wunsch nach Zwiesel gekommen – warum?

Prellinger: Nach sieben Jahren als Jugendpfarrer der Diözese war es einfach Zeit für eine Veränderung. Der Weltjugendtag damals war auch ein schöner Abschluss dafür. Es standen drei Pfarreien zur Auswahl, mit dem Bayerischen Wald war ich aber schon immer verbunden – ich war ja von 1993 bis 1998 Kaplan in Regen und Kreisjugendseelsorger für die Dekanate Regen und Grafenau.

Was haben Sie von diesem Pfarrverband Zwiesel-Ludwigsthal erwartet – und wie war es dann wirklich?

Prellinger: Ich habe lebendige Pfarreien erwartet, weil ich aus der Ferne schon den Eindruck hatte, dass sich hier sehr viele Menschen für die Kirche und im sozialen Bereich engagieren. Darauf habe ich mich gefreut und da bin ich auch absolut nicht enttäuscht worden. Wenn ich nur an das Pfarrfest am Sonntag denke: Da ist es wie selbstverständlich, dass genügend Helfer da sind. Es ist nach wie vor schön, zu erleben, wie sich die Leute mit der Kirche und der Pfarrei identifizieren.

Und auch das soziale Engagement, wie es beispielsweise Sieglinde Schugmann geprägt hat, ist bis heute vorhanden. Ich sehe das aktuell an der Betreuung der Asylbewerber; das ist wirklich beeindruckend, wie sich viele hier einsetzen.

Welches war in diesen zehn Jahren das schönste Erlebnis und welches das traurigste?

Prellinger: Ich möchte da nicht ein einzelnes Geschehnis nennen, auf alle Fälle hatten und haben sowohl die schönen als auch die traurigen Erlebnisse immer mit Menschen zu tun. Todesfälle und Abschiede, auf der anderen Seite Freude und Feiern – letztlich geht es um das Miteinander mit Menschen. Natürlich ist es schön und eine Freude, wenn man ein Bauprojekt wie das Pfarrzentrum oder die Kirche in Regenhütte gut zu Ende gebracht hat, aber am schönsten daran ist, dass damit wieder eine Heimat für Menschen geschaffen worden ist.

Auch in unseren Breiten geht der Kirchenbesuch stetig zurück. Ist das nicht deprimierend und was kann man dagegen tun?

Prellinger: Ich halte es für eine unserer zentralen Aufgaben, zu ergründen, wie man Glauben und Kirche in einer immer distanzierter werdenden Welt noch verankern kann. Eine fertige Antwort darauf habe ich noch nicht gefunden.

Manchmal ist das deprimierend, ja, aber oft auch eine positive Herausforderung. Wir im Pfarrverband versuchen jedenfalls, mit Menschen in Kontakt zu kommen und zu bleiben, die auf den Glauben vielleicht eine andere Sicht haben. Papst Franziskus fordert uns ja auf, genau das zu tun. Ob es Erfolg hat, muss sich zeigen.

Sie waren in all den Jahren auch als Bauherr gefordert. Ist nach Abschluss der Kirchenrenovierung in Ludwigsthal mal für längere Zeit Ruhe?

Prellinger: Ich hoffe, dass zumindest die Großprojekte einen gewissen Abschluss gefunden haben. Aber zu tun wird es immer was geben. Unsere Stadtpfarrkirche hat halt nicht nur die Ausmaße eines Doms, sondern erfordert auch einen ähnlichen Aufwand. Und es kann auch immer was Unvorhergesehenes kommen. Ich denke da nur an meinen ersten Winter in Zwiesel – das war der mit der Schneekatastrophe. Anschließend mussten wir die Kirche in Regenhütte abreißen und eine neue bauen.

Wissen Sie schon, wie lange Sie noch in Zwiesel bleiben werden?

Prellinger: Es ist auf alle Fälle nicht meine Absicht, jetzt meinen Abschied vorzubereiten – mich zieht hier nichts weg. Aber es kann natürlich schon sein, dass es bei mir noch einmal eine Veränderung geben wird; man weiß nie, wie die Wege im Leben laufen.

Und was wünschen Sie sich zum Priesterjubiläum am Sonntag?

Prellinger: Ich wünsche mir, dass ich in den kommenden Jahren schaffen kann, was ich mir persönlich vornehme; dass ich glaubwürdig vermitteln kann, was den Glauben ausmacht und die Gesundheit und Kraft dafür habe. Und ich hoffe, dass weiterhin ein gutes Miteinander im Pfarrverband gelingt und uns nie die Ideen ausgehen. Alles Weitere liegt eh in Gottes Hand.

Das Gespräch führte Rainer Schlenz